Worschdsub
Gelöschter Benutzer
von Worschdsub am 15.09.2019 18:52
Ich verstehe hier die Kritiker (vor allem Lutz und Sebastian) und die Gegenkritiker!
Ich war zwar in den 70er und 80er Jahren noch nicht vom Fach. Habe aber miterlebt, wie durch die Massenfertigung von "Schmiedeeisen" die "Kunstschlossereien" und "Kunstschmieden" reihenweise verschwunden sind. In meiner Ausbildung in den 90ern war es dann sehr wichtig und gefordert sich als SCHMIED von den ganzen Fertigteilezusammenschweißern abzukapseln, abzuheben und abzugrenzen um auch der Vernichtung zu entgehen.
Gute Beispiele die es hinbekommen haben gibt es einige (Bullermann, Gradinger, Jos Spanier... ohne Wertung!) wenn auch nicht viele, in Relation zu den Massen an "Schlossern" gesehen.
Wichtig war und ist es für die Metallgestalter neues zu wagen, mit den alten und neuen Techniken Neues warm zu formen, eigene Ideen, Stile und Handschriften zu entwickeln und wegzukommen von dem ganzen Industriemasseneisen.
Wer heute offenen Auges durch die Wohnviertel zieht findet Mengen an Zeugnis aus dem "Niedergang der Schmiedekunst". Sie ist tonnenweise zu sehen. In meiner Wahlheimat gibts den "Moselbarock" Ranken, Schnörkel, Weinblätter aus der Kaltpresse, Trauben aus dem Gesenk auf der Rückseite verschweißt oder kalt aus Blech gedrückt... Mit der Steigerung von Plastik Weinreben und Blättern als billige Deko in allen Weinstuben und Straußwirtschaften... (Es ändert sich aber zum Glück!)
Da vergeht dann sogar MIR der Durst.
Es sei unseren Hobbyleuten verziehen, dass sie uns diese Formen in Ihren Werken präsentieren. Sie haben nichts von all dem Ärger und der Not mitbekommen, von dem Betrug am Kunden, dem die "Kaltpressung" als Schmiedeeisen verkauft wurde. Zu Preisen, die den echten Schmied hat verhungern lassen, die eingeschränkte Formenauswahl aus dem Katalog die nix aber auch garnix mit Individualität und Schmieden zu tun hat.
Aber: die klassischen Teile (welche von den Kaltpressern und -Biegern kopiert wurden) sollte man schmieden können! Sonst wird es schwierig die wirklich alten geschmiedeten Arbeiten irgendwann mal reparieren oder restaurieren zu können. Und solche Übungsstücke dann nicht zum Schrott schmeißen halte ich für eine gute Idee. Dass dann halt nicht "historisch und stilistisch korrekt" gearbeitet wurde: Alex ist Hobbyschmied, kein Restaurator im Handwerk. Und wir alle lernen auch durch nachmachen und ausprobieren. (Manche sind halt schlauer und machen das unter Anleitung) Solange Alex nicht sagt er hat den Schnörkel erfunden ist es für mich OK. Und wenn Alex es irgendwann mal schafft, dass es den echten, authentischen, unverwechselbaren, stilechten bis in letzte perfektionierten "Hammerfreundstil" zu entwickeln und daraus neues, nie dagewesenes zu schaffen freue ich mich sehr für Ihn. Bis dahin lassen wir Ihn auch einfach mal nachmachen und lernen.
Um mal "DEN MEISTER" zu zeigen: man sehe ab 3:30!
Selbst Alfred schmiedet (er formt nicht kalt mit den "Schmiedemaschinen" der üblichen Verdächtigen) diese "bösen" Ornamente. Da das alte Eisentor halt so gebaut wurde. Er hat aber auch viele wunderbare, moderne Schmiedearbeiten abgeliefert.
Und für diejenigen, die mit der Ware aus dem Katalog arbeiten wollen habe ich auch Verständnis. So lange sie offen und ehrlich kommunizieren, dass es sich um Halbzeuge aus industrieller Massenfertigung und nicht um Schmiedeeisen handelt.
Was dann der "Verbraucher" empfindet und von dieser Diskussion versteht und/oder seinen Gästen, Nachbarn und Freunden erzählt ist etwas ganz anderes. (Manch einer muss halt was haben was wie ne Rolex aussieht aber keine ist.)
Zum Thema Gestaltung wird es hier schwierig. Die wenigsten haben eine formale Ausbildung was Gestaltung anbelangt erhalten, Müssen auch nicht im täglichen Wettbewerb mit anderen Entwürfen konkurieren, müssen sich nicht durch Individualität und Kreativität im proffesionellen Wettbewerb von Konkurrenten abheben. Da ist es schwer selbst zu entwerfen und vor Profis zu bestehen.
Was für mich den/das Schmied (en) ausmacht: Wir können mehr als nur Schweißen, bohren, ablängen, feilen, fräsen, biegen, pressen und drehen. Wir können schmieden! Damit sind wir den meisten Metallhandwerkern überlegen denn wir beherrschen und nutzen all diese Techniken und setzen immer einen obendrauf. Freiformschmieden ist für mich die Königin der Verarbeitungsmöglichkeiten im Metallhandwerk. Wenn dann noch Liebe zu Beruf und Material, Kreativität und Ausdrucksstärke beim Handwerker und gute, passende und stimmige Formen beim individuellen Produkt dazukommen sind wir in der ersten Bundesliga angekommen.
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Oli