Das Dilemma der Nichtrostenden Schmiedearbeiten

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Kromoser

35, Männlich

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Das Dilemma der Nichtrostenden Schmiedearbeiten

von Kromoser am 05.03.2016 17:48

Moderne Metallgestaltung verlangt oft nach Schmiedearbeiten in Ausführung Edelstahl-Rostfrei. Ich habe selbst schon einige Arbeiten aus Chrom Nickel 18-10 hergestellt. Diese haben fast alle trotz sorgfältiger Beizung zu rosten angefangen. Nur die sehr kleinen Objekte sind wirklich korrosionsbeständig. Mir ist dabei aufgefallen dass die Korrosionsbeständigkeit bei größeren Stücken schlechter ist. Ich habe ein wenig nachgeforscht was Gründe für das Rosten sein können.

 

Es gibt viele verschiedene Arten von korrosionsbeständigen Stählen. Fast alle sind Chrom und Nickel legiert, wobei ein Chromgehalt von mindestens 13% erforderlich ist. Da diese Legierungselemente sehr teuer sind, wird immer nur soviel zulegiert wie absolut notwendig ist, um gerade noch Korrosion zu verhindern. Das heißt je günstiger der Werkstoff, umso anfälliger gegen Rost.

Der wichtigste Mechanismus in dern korrosionsbeständigen Stählen ist die Bildung einer dichten Schicht aus Chromoxid. Eine ausreichend dichte Schicht bildet sich ab 13% Chrom. Nickel macht nur rostträge. Wird dieser Schichtaufbau in irgendeiner Weise gestört, verliert der Stahl seine Korrosionsbeständigkeit. Die Schichtbildung wird durch Zunder oder Anlauffarben unterdrückt. Auch wenn zwei Bauteile sehr enge Berührstellen haben, kann sich keine schützende Schicht ausbilden. Das ist beim Nieten oft der Fall.

Die Beständigkeit der Schicht ist jetzt vom umgebenden Medium abhängig. In freier Bewitterung ohne Salz oder aggressive Gase reicht meist ein Standardstahl aus. Kommt der Stahl aber mit Streusalz oder irgendwelchen Säuren in Kontakt kann die Chromoxidschicht abgebaut werden. Das können schon sehr schwache Säuren sein, wie irgendwelche Fruchtsäuren. Um dann noch ausreichenden Schutz zu gewährleisten muss die Legierungszusammensetzung angepasst werden. Ganz gefährlich sind Halogenidionen, wie Chlor wie sie im ganz normalen Kochsalz vorkommen. Ist mit einer solchen Belastung zu rechnen, muss auf höher legierte Stähle zurückgegriffen werden.

Ganz entscheidend ist, das der Schmiedevorgang die Legierungszusammensetzung an der Oberfläche entscheidend verändern kann. Das Chrom kann seine Wirkung nur dann entfalten wenn es frei im Werkstoff vorliegt. Chrom hat aber eine hohe Affinität zu Kohlenstoff und bildet Chromkarbide. Diese tragen nicht zur Korrosionsbeständigkeut bei. Bei hoher Temperatur und langer Glühdauer bilden sich diese Karbide. Der Kohlenstoff frisst sozusagen das Chrom auf, das dann nicht mehr zum Aufbau einer schützenden Schicht zur Verfügung steht. Darum ist in den nichtrostenden Stählen auch sehr wenig Kohlenstoff vorhanden. Beim Schmieden im Kohlefeuer steht an der Oberfläche reichlich Kohlenstoff zur Verfügung und das Chrom wird in Karbiden gebunden.

Um garantiert eine rostfreie Oberfläche zu erhalten muss daher der Stahl genau an die Belastungen angepasst werden. Am besten man lässt sich von Böhler oder einem anderen Hersteller beraten.

Generell gilt aber:
Je mehr Chrom desto besser
Molybdän sollte speziell bei engen Spalten oder sauren Medien vorhanden sein
kurze Glühzeiten, Schmiedefenster genau einhalten und stark verformen
Kohlenstoffeinbringung verhindern zB auf Gasesse ausweichen oder Schutzschichten beim Ewärmen
Alle Oberflächen gut Reinigen und Anlauffarben entfernen
Keine engen Spalten wie beim Nieten
Schnelle Abkühlung nach dem Schmieden

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jpostlma

29, Männlich

Moderator

Beiträge: 134

Re: Das Dilemma der Nichtrostenden Schmiedearbeiten

von jpostlma am 07.03.2016 17:35

Hallo Kromoser!

Danke für die Erläuterung zu diesem Thema, wirklich interessant!

Was waren das für Arbeiten die du aus Chrom Nickel 18-10 hergestellt hast?
bzw. welchen Umwelteinflüssen sind diese ausgestzt und wie hast du den Rost dann in den Griff gekriegt?

schöne Grüße aus Oberösterreich
Johannes 

"A dream you dream alone is a dream. A dream you dream together is reality"
John Lennon

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Kromoser

35, Männlich

Beiträge: 3

Re: Das Dilemma der Nichtrostenden Schmiedearbeiten

von Kromoser am 07.03.2016 18:23

Das waren Drachenköpfe aus 50x50 Vierkant die an einem Werkstatttor in Straßennähe befestigt wurden. Mit ein wenig Streusalzbelastung also. Mein erster Versuch war die Sachen länger im Beizbad zu lassen was aber nicht zum Erfolg geführt hat.

Dann habe ich das mit der Lösungsglühung versucht. Also erhitzt und dann abgeschreckt. Das hat dann ganz gut funktioniert.
Nur die feinen Bartln die ich sicher mal überhitzt habe sind immer wieder rostig geworden. Das hat man dann aber nicht viel gesehen.

Ich habe mich letztens von Böhler beraten lassen. Die haben mir einen A965 empfohlen. Der sollte auch verzeihen wenn mal nicht alle Stellen perfekt gebeizt sind. Überhitzen darf man den aber sicher auch nicht. Ausprobiert habe ich aber noch keinen anderen rostfreien Stahl weil ich vollstens mit dem Bau meiner Werkstätte beschäftigt bin...



 

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Flaumur
Gelöschter Benutzer

Re: Das Dilemma der Nichtrostenden Schmiedearbeiten

von Flaumur am 12.03.2016 19:26

mein Gewerbeschullehrer hat mich mal auf diesen Laden hier hingewiesen. Das scheint auch ein netter Trick zu sein. Durch kochen des Edelstahls in Wasser kann man die Chrom-Oxidschicht verdicken. Vielleicht hilft das ja nach dem Beizen. Allerdings gilt auch hier. Der Zunder muss vorher komplett weg.

Ich glaube der Laden bietet auch an Schmiedeteile zu färben. Vor dem Färben, beizen die ihre Stücke auch noch. Sie brauchen nur eine kleine Fläche wo das Stück gepackt werden kann.

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Mekkimesser

56, Männlich

Beiträge: 23

Re: Das Dilemma der Nichtrostenden Schmiedearbeiten

von Mekkimesser am 23.04.2016 17:27

Eine umfangreiche Sammlung von Informationen zum Umgang mit rostfreien austenitischen Cr-Ni-Stählen ist hier zu finden:
http://www.edelstahl-rostfrei.de/page.asp?pageID=12

Wer solche Stähle wirklich in der Hitze schmiedet und dabei keine Rücksicht auf das Material der Werkzeuge nimmt, braucht über späteren Rostansatz nicht zu wundern. Intensiver Kontakt zu Normalstählen, auch Cr-legierten, führt unweigerlich zu "Fremdrost", wenn die Oberflächen feucht werden. Man braucht gar zu schmieden, es genügt, wenn eine rostfreie Schraube mit einem Werkzeug aus Normalstahl kräftig eingedreht wird.

Möglicherweise gibt es zum Schmieden gar keine geeigneten Werkzeuge (aus Cr-Ni-Stahl), weil diese zu weich sind. Dann bleibt nur intensives schleifen mit geeigneten Schleifmitteln (Edelkorund).

Das war mein erster Beitrag zum Forum. Ich hoffe, er hilft euch weiter.

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IronFrank

56, Männlich

Beiträge: 263

Re: Das Dilemma der Nichtrostenden Schmiedearbeiten

von IronFrank am 24.04.2016 11:36

Vermutlich muss man nach dem Schmieden das fertige teil gründlichst oberflächen behandeln. Glasperlstrahlen oder elektropolieren um die Verunreinigungen bzw. Fremdrost von der Oberfläche zu entfernen. Ein Hammer aus Nichtrostenden Material ist sicher Hilfreich und die Unterlage zum zusammenbauen sollte in jedem Fall auch nicht Rostent sein, ob es einen Amboss aus Edelstahl gibt weis ich nicht und konnte ich auf die schnelle auch nicht raus bekommen. Meine geschmiedeten Kaminbestecke und Grillgabeln rosten zumindest nicht nach dem ich sie geschliffen und poliert habe. Bei meiner Duschstange habe ich allerdings einen Rostansatz, ich hätte diese nicht unbehandelt anbauen sollen
Infos findet ihr hier http://www.metano.de/index.html

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