Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
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Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von Burgschmied.Daniel am 20.04.2013 14:34Hallo Kollegen,
bisher habe ich für all meine größeren Schmiedewerkzeuge wie Warmschrotmeißel, gestielte Hammer-Punzen, Ballhämmer, Abschrote, Hämmer etc... immer C45, Kardanwellen oder KFZ Achsen verwendet. Gerade aber für filigranere Werkzeuge, die warmen Stahl schneiden oder punzen sollen, finde ich sind C45 oder vergleichbare Stähle ein wenig zu weich. Besonders bei Werkzeugen für das warme Aufdornen von großen Werkstücken, ist Härten auch vegebene Liebesmühe. So ist selbst C60 ungehärtet dann auch schon nicht mehr ganz leistungsfähig genug.
Daher möchte ich solche Werkzeuge, gerade auch wenn ich sie verkaufen mag, aber auch für mich selbst demnächst aus höher legiertem Stahl machen, der auch ungehärtet und bei größerer Wärme seine Zähigkeit behält.
Bei meiner Recherche bin ich auf 55NiCrMoV7 (Werkstoff-Nr. 1.2714) gestoßen. Dieser soll bis 600°C auch ungehärtet sehr leistungsfähig sein und er scheint auch nicht allzu viel zu kosten.
Beachtet bitte, dass ich alle meine Werkzeuge von Hand mit Zuschläger schmiede und keinen Zugriff auf mechanische Hämmer, oder Fräsen habe. Daher würde ich auch gerne wissen, ob der Stahl sich überhaupt zum Handschmieden eignet.
Hier wären noch ein paar Werkzeuge, für die ich den Stahl verwenden wollen würde:
1. Abschrot
2. gestielter Punzen
3. gestielter Warmschrotmeißel
Ich würde mich sehr über eure Erfahrungsberichte oder Tipps zu Alternativen freuen!
Liebe Grüße! Euer
- Daniel
Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von Florian am 20.04.2013 15:27Hallo Burgschmied
Verwende 1.2714 oft für verschiedene schmiedewerkzeuge z.b. Lochmeissel, Lochdorne da diese wegen geringem querschnitt schnell warm werden und aus unlegiertem Stahl schnell verbiegen und verformt würden. Habe ihn auch schon oft von Hand geschmiedet, ist jedoch einiges zäher als ein unlegierter Stahl zu verschieden. Für gröbere Werkzeuge wie Abschrote Ballhämmer würde ich dir 34cr ni mo 6 enpfehlen.
Kompliment an deine Arbeiten! schön gearbeitet!
Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von nils am 20.04.2013 18:29Hab zwar kaum Ahnung von Stahllegierungen, aber deine Arbeiten sehen wirklich gut aus!
Beim Schmieden ist es wirklich schön, dass man Funktionalität erzeugt und nebenbei noch für eine besondere Gestaltung sorgen kann!
Hut ab!
Bin gestern auch auf deinen Youtube-Kanal gestoßen und habe mir ein paar Videos angesehen. Sehr informativ!
Grüße
nils
Viele Grüße!
Nils
Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von Burgschmied.Daniel am 20.04.2013 22:37Vielen Dank ihr beiden! Sowohl für die Tipps, als auch für die Komplimente. Hab meinen Stahlanbieter mal gebeten mir einen Kostenvoranschlag für 3*1000mm des 55NiCrMoV7 als 25mm rund zu erstellen. Werde über meine Erfahrungen dann hier auch selbst berichten!
Gruß
- Daniel
Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von schakaa am 21.04.2013 10:44Hallo Damiel,
hab bisher den 1.2344 und 1.2767 (ähnlich dem 1.2714) verwendet, bin aber auch noch auf der Suche nach was besserem. Den 1.2344 kannst Du kaum von Hand schmieden den 1.2767 schon, im Gebrauch sind beide etwa gleich gut.
Beide Stähle sind Lufthärter, wenn Dein Dorn rotwarm wird solltest Du ihn nicht in Wasser Kühlen weil er sonst risse bekommt.
Ich denke dass Wolframlegierte Stähle besser sind hab da aber leider nichts zum ausprobieren bisher hab ich die besten Erfahrungen mit dem 1.2767 gemacht.
Bei den Lufthärtern ist die Wärmebahandlung sehr wichtig besonders in dem Bereich des Werkzeugs wo Du mit dem Hammer draufschlägst, wenn Du da nich aufpasst gibt es gefährliche Splitter.
Viele Grüße Peter
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Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von Burgschmied.Daniel am 21.04.2013 13:02Danke für die Info Peter! Doch von Lufthärtenden Stählen wie 1.2767 möchte ich doch vorerst lieber die Finger lassen...
Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von schakaa am 21.04.2013 16:42Hallo Daniel,
die warmfesten Stähle sind eigentlich alle Lufthärter auch der 1.2714.
Mangan, Chrom und Molybdän in dieser Reihenfolge aufsteigend machen einen Stahl zum Lufthärter.
Die warmfesten Stähle enthalten immer Chrom oder Molybdän.
Es gibt aber trotzdem welche die weniger rissempfindlich auf rasches Abkühlen reagieren wie z.B. der 1.2367 oder der Böhler W360. Außerdem werden diese erst bei über 1000 C° austenitisch also eineTemperatur die in der Regel auch beim Aufdornen größerer Werkstücke nich erreicht wird. Beim Schmieden dieser Stähle aber schon, deshalb muss eine geeignete Wärmebehandlung durchgeführt werden bevor man mit dem Hammer draufschlägt.
Grüße Peter
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Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von Burgschmied.Daniel am 21.04.2013 18:04Ahh ok! Beim Aufdornen kühle ich meine Werkzeuge entweder in Wachs, oder Rapsöl. Da 1.2714 als ölhärtend angegeben ist dachte ich, das sollte auch kein Problem sein?? Kannst du mir erklären, was es in der Praxis heißt, daas er austenitisch wird und wie ich ihn behandeln muss, damit es keine Probleme gibt? Habe bis jetzt nur mit Kohlenstoff- und Siliziumstählen gearbeitet und bin in der Materie der Hochleistungsstähle noch nicht so drin...
Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von schakaa am 21.04.2013 19:41Hallo Daniel,
austenitisch bedeutet der Stahl ändert seine Kristalline Strukutur von Kubisch Raumzentriert zu Kubisch Flächenzentriert.
In der Praxis bedeutet das der Stahl wird unmagnetisch wenn er in diesem Zustand rasch abgekühlt wird wird er hart, (er bildet ein Martensitisches Gefüge). (Außnahme sind rostfreie Stähle die auch bei Raumtemperatur austenitisch sind diese sind dann immer unmagnetisch).
Je nachdem was im Stahl drin ist passiert diese Änderung der Kristallinen Stuktur bei unterschiedlicher Temperatur und auch die erforderliche Abkühlgeschwindigkeit die den Stahl hart macht ist unterschiedlich. Beim Lufthärter reicht schon die Zeit die er braucht um selbst kalt zu werden, bei reinem Kohlenstoffstahl braucht es schon Wasser.
Wird der Stahl nach dem Härten erwärmt (angelassen) verliert er wieder an Härte und gewinnt dafür an Zähigkeit.
Für die Praxis:
- den Stahl so hoch anlassen dass er nicht splittert wenn Du mit dem Hammer draufschlägst
- aber nicht so hoch anlassen dass er härtet.
Beispiel 1.2714 wird bei 840 - 890 C° gehärtet erwärmst Du ihn unterhalb dieses Bereichs z.B. mit 500 C° kannst Du getrost mit dem Hammer draufschlagen.
Ich möchte Dir sehr empfehlen Dir mal ein Werkstoffdatenblatt (hier 1.2714) anzuschauen, die gibt es für alle gängigen Stähle und Du siehst genau die entsprechenden Werte. Beschäftige Dich auch mit dem ZTU-Schaubild (Zeit Temperatur Umwandlung) das ist nicht so kompliziert wie es auf den ersten Blick aussieht.
Viele Grüße Peter
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Re: Erfahrungen mit 55NiCrMoV7 für Schmiedewerkzeug?
von Burgschmied.Daniel am 21.04.2013 21:05Jetzt verstehe ich was du meinst! Der Stahl härtet also quasi schon rein dadurch, dass ich ihn erwärmt, geschmiedet und dann abkühlen lassen habe. Also muss ich ihn nochmal weichglühen, damit ich ihn als Schlagwerkzeug verweden kann, weil es sonst so währe, als hätte ich C60 in Wasser abgeschreckt und würde gleich danach beherzt draum rum klöppel. Ich hoffe, ich habe das jetzt richtig verstanden. Also austenitisch ist das, was man im Englischen auch als "transition point" also Übergangspunk von magnetisch zu nicht-magnetisch versteht? Wird der Stahl dann in der erforderlichen Geschwindigkeit abgekühlt verfestigt sich das gefüge und er ist gehärtet. Wenn ich aber geringer legierte Stähle auf Schmiedetemperatur bringe und die dann einfach abkühlen lasse, brauch ich die doch nicht nochmal weichzuglühen, oder? Das nur bei Lufthärtenden Stählen.