Damast aus Kugellagern und Feilen
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Damast aus Kugellagern und Feilen
von HACHIJURO am 18.12.2023 12:17Tim,
hast Du meinen Beitrag gelesen? Da steht doch deutlich, dass Härte bei Schwertern eher ein Problem als ein Vorteil ist! Man braucht vor allem Zähigkeit, und ganz bestimmt bekommen Klingen, die nicht brechen, auch schon mal Scharten und Kerben im Kampf. Daher gab es im späten Mittelalter auch den Beruf des Schwertfegers.
Du wirfst auch die Begriffe durcheinander: "....Bei den Feilen, die kann man ja sehr scharf machen und ist auch hart und verschleißfest...."
Man kann auch eine Klinge aus Baustahl scharf schleifen, allerdings hält sie die Schärfe im Gebrauch nicht - sie ist nicht schnitthaltig.
Verschleißfestigkeit ist bei Schwertklingen gar nicht gefragt, wohl aber bei industriellen Schneidwerkzeugen, die Tausende von Schnitten machen müssen. Dafür nimmt man dann D2-Stahl.
Natürlich sind unsere heutigen Stähle viel 'besser' als die unserer Vorfahren, aber Du wolltest ja eine Damastklinge machen. Wenn es allein um die Ästhetik geht, dann verstehe ich das. Der eigentliche Grund für die Enstehung von Schweißverbundstahl ist jedoch die angestrebte Homogenisierung - man versuchte, vor allem den Kohlenstoff gleichmäßig im Stahl zu verteilen, um vorhersagbare und wiederholbare Eigenschaften des Materials zu bekommen.
Die berühmten 'wurmbunten' Klingen, die Du erwähnst, waren sozusagen die letzte Entwicklungsstufe dieses Stahls, danach konnte die Franken guten Monostahl mit weniger Aufwand herstellen. Diese Klingen haben die Wikinger sich dann auch beschafft, was dazu führte, dass über Jahrhunderte kaum noch Damaststahl in dieser dekorativen Form hergestellt wurde bzw. werden musste. Diese Kunst ging quasi verloren und wurde erst im 20. Jahrhundert wieder nachvollzogen.
Natürlich kannst Du Dir Deine Klinge so herstellen, wie Du das möchtest. Aber wenn Du schreibst:
"....Ich möchte einfach nur ein sehr gutes Schwert herstellen, welches man für den Kampf theoretisch benutzen könnte, ohne dass die Klinge bricht, schnell stumpf wird oder Kerben kriegt...."
dann ist das ein Wunderschwert! Die Kombination dieser - einander ausschließenden - Eigenschaften ist annäherungsweise nur mit einer Kompositbauweise möglich, wie sie bei japanischer Schwertklingen praktiziert wird.
Merke: Jede Klinge ist ein Kompromiss für den jeweiligen Einsatz!
Freundliche Grüße
Jean
Re: Damast aus Kugellagern und Feilen
von Tim123 am 18.12.2023 16:27Hi Jean,
ok Danke für die Verbesserung. Ich habe das dann mit der Verschleißfestigkeit falls verstanden. Aus deiner Erklärung dafür schlussfolgere ich, dass der Kugellager Feilen Damast sehr gut für Messer geeignet ist jedoch nicht für Schwerter richtig?
Genau also aus Damast möchte ich die Klinge nur aus ästhetischen Gründen machen. Nicht weil ich denke, dass Damast besser als Monostahl Klingen sind.
Ich weiß auch, dass man kein ,,unzerstörbares Schwert‘‘ herstellen kann, jedoch möchte ich ein Schwert machen, welches möglichst nah dran kommt so gut es eben möglich ist.
Deshalb meine Frage:
Was würdet ihr mir empfehlen, aus welchem Stählen ich so ein Damastschwert, welches für den Kampf Gebrauch geeignet wäre schmieden sollte?
Und ob ich aus den Feilen und Kugellagern doch lieber Messer machen soll?
Danke für die sehr hilfreichen Antworten bisher.
Re: Damast aus Kugellagern und Feilen
von enter_your_name am 18.12.2023 16:41Achtung: Wie sehen denn deine Vorstellungen von Schwertkampf aus? Denn es gibt ja nicht "das" Schwert und der Einsatz ist durchaus komplex. Das Schwert ist sowieso eher ein repräsentatives Objekt und als Waffe eigentlich nicht so gut geeignet.
Aber, um mal zum Punkt zu kommen: Ich würde vor allem auf Flexibilität und Zähigkeit Wert legen und weniger auf Härte und Schärfe. Nach einem Kampfeinsatz muss das Schwert ohnehin instandgesetzt oder sogar vollständig ersetzt werden.
Re: Damast aus Kugellagern und Feilen
von Tim123 am 18.12.2023 18:05Ja genau Flexibilität und Zähigkeit sind sind da für mich auch die entscheidenden Aspekte.
Also welche Stähle eignen sich dafür gut als Damast?
Re: Damast aus Kugellagern und Feilen
von WiCon am 18.12.2023 20:101.2767+1.1740 oder 1.1750 wäre en zwei Möglichkeiten
Das kann man so machen, muss man aber nicht.
Damast aus Kugellagern und Feilen
von HACHIJURO am 20.12.2023 02:56Tim,
die von WiCon genannten Stähle bzw. Kombinationen wären gut geeignet, also 1.2767 als Nickellieferant plus C 60 oder C 75. Allerdings schweißt der 1.2767 nicht so gut, daher nehme ich lieber 75Ni8. Besonders in Kombination mit 1.2842 (Manganstahl) bekommt man einen sehr guten Kontrast (schwarz/silber). Allerdings müsstest Du etwa 20 - 30% einer dritten kohlenstoffreien Komponente (z.B. Baustahl oder altes Schmiedeeisen) hinzunehmen, damit der Kohlenstoffgehalt insgesamt nicht so hoch wird.
Das gleiche Verfahren könntest Du aber durchaus auch mit Deinen Feilen und dem Kugellagerstahl machen, wenn Du dann etwa 50% kohlenstoffreien Stahl hinzufügst. Bei einer angenommenen max. Klingenstärke von ca. 4 - 5 mm und einer Lagenzahl ab 100 kannst Du von einer homogenen Kohlenstoffverteilung ausgehen, wenn Du mindestens 5 Faltungen/Verschweißungen machst. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.
Den - leider sehr verbreiteten - Blödsinn von "weichen" und "harten" Lagen im Damast glaubt inzwischen hoffentlich niemand mehr!
Härten würde ich eine solche Klinge in angewärmtem Öl bei ca. 800 - 820°C; anlassen bei etwa 250°C. Je nachdem, wie Du anlässt, musst Du diese Temperatur variieren. Ich lasse mit einer Gasflamme an und richte mich nach der Anlassfarbe, die ich im Fall von Schwertklingen etwa dunkelbraun bis braun-violett wähle.
Jedenfalls wünsche ich Dir viel Erfolg und warte geduldig auf gute Bilder!
Freundliche Grüße
Jean
Re: Damast aus Kugellagern und Feilen
von Tim123 am 20.12.2023 12:27Hallo Jean,
vielen Dank für die hilfreiche Antwort so langsam bekomme ich Verständnis für den Damast den ich für eine lange Schwertklinge brauche.
Zwei Fragen hätte ich aber noch:
1. Wenn ich meine Damast Schwert Klinge jetzt aus Feilen und Kugellagern mache und dann 50% Baustahl dazu gebe um den c Gehalt anzugleichen.
Würde das den Damast nicht sozusagen verunreinigen und die Klinge damit schwächen, wenn man so ein ‚,schlechten’‘ Stahl hinzugibt?
Ich würde ca 400 Lagen schmieden dann mit der Kombinat.
2. Ich habe auch mal noch nach weiteren ähnlichen Kombinationen geguckt wie von euch vorgeschlagen.
Da wollte ich ich fragen, ob ich jetzt den Damast aus
1.2767 und C60 oder C75
oder 1.1730 + 1.1740
oder 1.5026 + 1.740
oder 1.2842 + 75Ni8 + Baustahl
oder 1.2002/1.2008 + 1.3505 + Baustahl
Schmiede ist letztendlich für die Qualität der Klinge und des Damaststahls egal?
Unterschiede gibt es nur beim Kontrast im Damast und bei der Schweißbarkeit?
Re: Damast aus Kugellagern und Feilen
von WiCon am 20.12.2023 19:33Stimmt, an den 75Ni8 habe ich gar nicht gedacht.
So "schlecht" ist der Baustahl nicht. Er darf ein wenig mehr Schwefel und Phosphor enthalten. Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, dann nimm C15. Ob du einen Unterschied feststellen wirst, wage ich zu bezweifeln.
Hohe Unterschiede im Kohlenstoffgehalt verkleinern das Temperaturfenster bei den ersten 1-2 Schweißungen!
Schwertgeometrie: Suche bei YouTube mal nach Peter Johnsson. Eine absolute Koryphäe.
Das kann man so machen, muss man aber nicht.
Damast aus Kugellagern und Feilen
von HACHIJURO am 21.12.2023 02:57Tim,
wir sind jetzt sehr in der Theorie und machen hier richtig Basis-Unterricht! Lies Dir doch mal ein wenig Grundwissen an!
WiCon hat Dich ja schon informiert, dass Baustahl hier für Dich gut sein kann, weil er sehr homogen ist und eben nur Spuren von Kohlenstoff erhält. Das macht ihn als Damast-Komponente in Deinem Fall geeignet, weil Du sonst mit dem Kohlenstoff zu hoch kommst.
Wieviele Lagen am Ende wie aussehen, musst Du ausprobieren. 400 sind schon sehr fein, und es gibt bei jeder Faltung nicht nur Abbrand, sondern auch Fehlermöglichkeiten!
Deine Kombinationen gehen natürlich, aber Du bekommst keine Kontraste nach dem Ätzen. Das hatte ich versucht, Dir anhand der Kombi 1.2842 und 75Ni8 zu erklären.
Der Federstahl verschweißt sich auch nicht so gut, da muss man sehr sauber und schnell arbeiten, damit wenig Sauerstoff an die Schweißfugen kommt. Borax hilft auch etwas.
Den Hinweis auf die Schwertgeometrie solltest Du auch ernst nehmen. Schwerter mit unterschiedlichen Grundformen, Geometrien und Dimensionen gab es über Jahrtausende, und zusammen mit ihnen entwickelten sich auch die Rüstungen. Daher sieht ein Wikingerschwert des 4. Jhdts. anders aus als eines von 1600.
Freundliche Grüße
Jean