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roman

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Re: Keine Kraft mehr

von roman am 09.07.2017 08:06

Guten Tag,

Kraft beim Schmieden ist nie verkehrt, aber ohne Technik nützt dann Kraft auch nicht viel. Ich kenne einige Schmiede, die körperlich weit von "Jung Siegfried" entfernt sind, der einst mit dem Hammer den Amboss zerschlagen hat, und trotzdem hervorragende Arbeit bewerkstelligen.



Da es hier ja um Feuerschweißen geht und das Ausrecken des verschweißten Stahls ist die Vorarbeit fast wichtiger als die Arbeit selbst.

Wenn man vorhat eine Klinge aus Damast gänzlich von Hand zu schmieden sollte man die bevorstehende Aufgabe bedächtig angehen, die japanischen Schmiede haben in der Zeit vor den mechanischen Hämmern ein paar Tage Ruhe eingelegt um ausgeruht an das Werk heran zu gehen. Jetzt muss man allerdings sagen, dass Tamahagane ein sehr schweißwilliges Material ist, das sollte auch uns eine Richtschnur sein und anfangs mit Material arbeiten was sich gut verschweißen lässt.



Speziell dicke Pakete aus Stahlblechen erfordern eine gewisse Krafteinwirkung um sie zu verschweißen und später zu recken. Was spricht dagegen mit 2 mm Blechen ein Paket zu schnüren, was nicht zu lange ist, und wenn es aus 11 Lagen besteht, nicht mehr als 22 mm Dicke hat. Das ist eine überschaubare Menge Material und man kann das Paket auch mit einem Kilohammer verschweißen. Ist dieses Paket verschweißt legt man es beiseite und nimmt sich z. B. noch drei weitere vorbereite Pakete in der gleichen "Schnürung" vor.

Danach kann man beruhigt ein Päuschen machen und danach die Kontaktflächen der Pakete flach und metallisch blank schleifen. Jetzt dürften die Pakete durch das Feuerschweißen und damit verbundenes leichtes Ausrecken plus dem blankschleifen nur noch cirka 18 mm haben.

Wenn man jetzt die Pakete aufeinanderstapelt hat man ein Paket mit einer Ausgangsdicke von cirka 70mm vor sich, auch das ist ohne Probleme noch mit dem Handhammer zu verschweißen. Wir sind jetzt bei 44 Lagen Stahl, zumindest rechnerisch, die Außenlagen der Anfangspakete wird es wohl gekostet haben.



Ist dieses Paket verschweißt wird es gereckt. Um sich nicht an der Rand der Verzweiflung zu bringen reckt man es auf dem Ambosshorn mit einem Kehlhammer. Das Material wird dabei auseinander getrieben und man sieht auch dabei ob die Schweißungen tadellos gelungen sind. Ist kein Amboss mit Horn und kein Kehlhammer zur Verfügung muss man sich behelfen. Einfach einen runden Stab Stahl nehmen, das Paket auf die Amboss legen und dann mittels Hammer und Rundstahl das Kehlen besorgen.



Ist dieses Paket auf die vierfache Länge gereckt wird es in vier gleich lange Teile getrennt und diese vier gleich langen Teil werden mit einer neuen Lage Schneidenstahl in der Mitte, wieder metallisch blank und plan geschliffen, wieder aufeinander gesetzt und miteinander verschweißt. Das fertige Paket wird sich bei cirka 150 Lagen Stahl befinden. Das weitere Verfahren ist das gleiche, kehlen und plan schmieden.



150 Lagen sehen geätzt schon sehr dekorativ aus, das "Spielchen" lässt sich so ja weiter spielen, allerdings sollte man auch im Auge behalten, dass zuviele Hitzen nicht unbedingt der Qualität des Stahls förderlich sind.



Wenn man die Pakete so schleift/feilt, dass sie plan aufeinander liegen, die Pakete im Schraubstock zusammenpresst und mit ein paar Schweißnähten sichert, wirkt das auch gegen den "Damastfrust". Ein ausreichend großes Feuer, nicht zu hastig erhitzen und immer darauf achten, dass das Paket richtig kernheiß ist, sorgt auch für sorgenfreies Schweißen.



Feuerführung, das wird immer wieder erwähnt, und das ist mehr als richtig. Ein Aspekt, der meines Erachtens manchmal ein wenig stiefmütterlich behandelt wird. Ein großes Feuer, eine ausreichend tiefe Esse, immer genug entgaste Schroben um das Feuer mit "sauberer" Kohle am brennen zu halten hilft ungemein. Bei Holzkohle darauf achten, dass die Stücke mehr oder weniger einheitlich groß sind, allerdings ist groß so zu verstehen, dass Walnussgröße reicht.



Technik und Kraft nutzen nichts mehr wenn man an der Konditionsgrenze, ob geistig oder körperlich, angelangt ist. Wenn man fertig ist, hört man auf, das ist der Moment wo die Schläge nicht mehr genug Kraft haben, der Takt beim Schlagen leidet und Fehlschläge unnötige Beschädigungen an der Materialoberfläche verursachen.



Flussmittel, ob ich Borax verwende oder Quarzsand, das ist eigentlich egal, es funktioniert mit beiden. Borax fließt vielleicht ein wenig schneller, Quarzsand bildet auch eine zuverlässige Schicht auf dem Schweißgut. Borax gibts in jeder Apotheke, allerdings teuer. Günstiger sind 25 kg Säcke, werden aber nur an Gewerbetreibende abgegeben. Einfach ein Kleingewerbe anmelden, z. B. Werkzeugreparatur, so stellt man nichts her und benötigt keine Handwerkskammermitgliedschaft, es kostet cirka 30 Euro, und man hat die gewerbliche Voraussetzung um Borax in großen Gebinden zu erwerben. Wobei, wenn man nur ab und an schweißt, reicht auch die Menge aus der Apotheke.

Quarzsand gibts im Baumarkt, ein halber Zentner für ein paar Euro.



Ansonst, über dieses Thema gibt es Bücher, ellenlange Abhandlungen im Internet und Fachzeitschriften, Kurse und was weiß ich nicht noch alles. Es ist einfach unmöglich in ein paar Sätzen die ganze "Feuerschweißerei" abzuhandeln. Ich kann Dir nur raten am Anfang Material zu nehmen was auch problemlos schweißbar ist, alle hochlegierten Stähle vorerst mal sein lassen und die Technik selbst sicher in den Griff zu kriegen.

Nur am Rande, Baustahl und Feile, das geht einwandfrei, aber persönlich mache ich daraus nur noch ein Dreilagenlaminat, innen Feile und außen Baustahl, der Werkstoff, der sich dabei nach dem Schweißen bildet ist derart zäh und hart, dass man ihn nur noch sehr schwer von Hand recken kann.

C45 und 1.2842 dagegen lassen sich gut bearbeiten, ein paar Lagen Nickelstahl dazwischen erzeugen auch ein paar schöne silbrige "Adern" im Damast, vor allem hält sich der Kohlenstoffverlust bei dieser Zusammenstellung in Grenzen.



Und jetzt komm mir nicht mit dem Alter, ich bin genauso alt wie Du. Ich habe es schon einmal geschrieben, Schmiede müssen keine Astrophysiker oder austrainierte Schwerathleten sein, wie alle Handwerker sollten sie über eine hohe Frustrationsschwelle verfügen. Nachdenken und machen bis es funktioniert. Jetzt leg los.



Viele Grüße

Roman

Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.07.2017 08:11.

roman

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Re: Alte Härtemittel

von roman am 16.06.2017 11:43

Guten Tag,
sorry, man sollte morgens nicht schreiben, wenn noch etwas dazwischen kommen kann.

Also, ich anworte mir selbst, bzw. noch ein paar Sätze zum Kuhhorn.

Natürlich kann Kohlenstoff von außen in den Stahl eindringen, es wird nur im vorliegenden Fall an der Zeit scheitern. Auch hier hilft uns Herr Verhoeven weiter, also, wir haben einen Diffusionsweg von 1 mm, ein Molybdänatom braucht für diese Strecke bei 1150 Grad Celsius 1,6 Jahre, dahingehend sind die Kohlenstoffatome erheblich schneller, bei gleichem Weg und gleicher Temperatur benötigt das Kohlenstoffatom 18 Minuten, bei einer Härtetemperatur von 820 Grad Celsius dahingehend 9,3 Stunden.

Im Umkehrschluss, das Abreiben eines Stück glühenden Stahls mit einem Stück Horn erzeugt außer Gestank eigentlich nichts.

Viele Grüße
Roman

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roman

63, Männlich

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Re: Alte Härtemittel

von roman am 16.06.2017 09:49

Guten Tag,

Ihr seid doch hier alles gestandene Handwerker an Hammer und Amboss, wenn man sich auf den Finger schlägt tut es weh, da hilft auch keine noch so seltsame Überlieferung. Es lässt sich letztendlich alles erklären, wenn auch manches nicht untersucht worden ist, weil einfach die Analyse die Kosten des Ergebnisses nicht deckt.



Nehmen wir einfach einmal diese Geschichte mit dem Härten in Urin. Neben anderen Bestandteilen enthält Urin Salze und Harnsäure. Wenn man sich einmal die Möglichkeiten der Abschreckmedien ansieht wird man feststellen, das Salzwasser, Wasser mit Säure, zu den schroffen Abschreckmedien zählt. Wenn man sich jetzt vor Augen hält, dass früher oft mit nicht hochkohlenstoffhaltigen Stählen gearbeitet wurde und man trotzdem eine gewisse Härte erzielen wollte ist es doch naheliegend, dass niedriglegierte Stähle so schroff abgeschreckt wurden wie nur irgendwie möglich.

Wenn wir uns jetzt das Szenario in einer alten Schmiede vorstellen, wo meist auch noch beschlagen wurde, dann ist ja zumindest Pferdeurin jederzeit greifbar, wenn ich das mal so ausdrücken darf.



Der Versuch ist von jedem nachvollziehbar, auch ohne sich, mit möglichst weithalsigen Gefässen, unter einen Gaul zu kauern. Abgestandenes Wasser oder Regenwasser wird einfach gesalzen. Über die Konzentration habe ich mir offen gesagt nie Gedanken gemacht, auf cirka 6 Liter habe ich mal ein Pfund Salz gegeben und es sich lösen lassen. Das Resultat war, dass selbst gutmütige Stähle, wie C60, so hoch angesprungen sind, dass sie zum Teil gerissen waren. Eine Ölschicht auf dieser Salzsuppe hat dann Abhilfe gebracht.

Selbst die Konzentration von 100 Gramm auf 6 Liter Wasser hat, rein subjektiv empfunden, noch härtere Ergebnisse gebracht als Abschrecken in einfachem Wasser oder angewärmten Öl.



Es muss jeder für sich entscheiden wie weit er geht, beziehungsweise wie risikobeladen er sein Härtegut behandelt. Wenn ich auf einer Klinge eine Härtelinie sehen will muss ich alles in die Waagschale werfen, auch in Angesichts dessen, dass ich die Klinge vielleicht wieder von neuem beginnen muss. Je schneller die Umwandlung erfolgt, oder wie schon so schön gesagt, die Perlitnase unterschritten wird, desto eher kann es "krack" machen. Auch ist kein Wechsel der Abschreckmedien erforderlich, wenn ich die Klinge zuerst in Wasser abschrecke, dort kurz halte und dann in Öl weiter abschrecke, ist eigentlich nichts passiert, außer das ich nachher eingebranntes Öl auf der Klinge habe. Die Gefahrenzone, ich nenne das jetzt einmal so, ist im Wasser durchschritten worden, wenn sie reißen sollte, dann reißt sie auch danach im Öl, der Schaden ist bereits im Wasser geschehen, der Schadenseintritt kommt dann eben, ob ich weiter im Wasser abkühlen lasse oder in Öl.



Es kann dabei auch zu Verzug kommen, das ist auch im Rahmen der Möglichkeiten. Unlängst habe ich zwei Bowieklingen in Regenwasser abgeschreckt. Beide Klingen waren kerzengerade, nach dem Abschrecken war erkennbar, dass beide Klingen sich, gleich einem Katana, exakt nach hinten gebogen hatten. Die Biegung war nicht extrem, aber sie hat die kerzengerade Klinge mittig leicht nach hinten gebogen, es sah sogar noch gut aus. Der Stahl war C75.



Aber zurück zu den alten Mittelchen. Die Metalle begleiten die Menschen ja schon einige tausend Jahre, und das Herstellen von Eisen und Stahl hat alles in eine andere Liga gehoben. Natürlich war man begierig darauf, gehärteten Stahl in der Hand zu halten, egal ob Krieger, Bauer, Metzger oder im Haushalt. Und gehärteter Stahl war teuer, die Rennofenspezialisten hier unter uns können dazu bestimmt viel mehr sagen was den Aufwand dahingehend betrifft. Und natürlich hütete jeder das Rezept um Stahl zu härten, dann ist es auch kein Wunder, das gerade in alten Zeiten die tollsten Storys darüber im Umlauf waren.



Wir dürfen nicht vergessen, wir reden bei den alten Zeiten von Zeiten, in denen die Leute leichtgläubig waren. Man glaubte an Hexen und Wanderprediger, die irgendwelchen abstruse Vorstellungen hatten, wenn Schaden jedweder Art eingetreten war, suchte man nicht nach der wahren Ursache, sondern glaubte an Flüche und dergleichen. Natürlich hat das abgefärbt bis heute. Wir betreiben eines der ältesten Handwerke der Menschheit, und die Welt, in der wir uns bewegen, hat doch gar keine Vorstellung von dem, was wir tun. Dann ist es doch auch nicht verwunderlich, wenn wir uns immer noch ein Auge in Richtung Vergangenheit auf halten, ich sehe darin nichts was irgendwie seltsam wäre.

Auf der anderen Seite sollte man allerdings den Einsatz von z. B. Blutlaugensalzen und anderen risikobehafteten Chemikalien doch im Voraus überdenken.



Selbst das Schmieden selbst war ja schon schwierig genug. Sehen wir uns ganz einfach einmal die Geschichte mit dem Schmieden in Holzkohle an. Hat man ein Holzkohlenfeuer in der Esse und bläst Luft hinein verbrennt der Sauerstoff. Dabei werden zwei Gase freigesetzt, Kohlendioxid und Kohlenmonoxid. Der Stickstoff in der Luft verbrennt nicht mit, hat aber einen Anteil von über 70 %, der Rest teilt sich Kohlenmonoxid und Kohlendioxid. Überwiegt jetzt Kohlendioxid tritt Entkohlung ein, überwiegt Kohlenmonoxid kommt es zu Aufkohlung.

Also, habe ich ein Holzkohlenfeuer und blase dort Luft hinein kommt es auf die Menge der Luft an, die durch das Feuer streicht. Das Verhältnis Kohlenmonoxid/Kohlendioxid wird dadurch reguliert, je heißer desto mehr neigt sich das Vehältnis zu Kohlendioxid, was zur Entkohlung führt, je weniger Luft, desto mehr Kohlenmonoxid, was zumindest kohlenstofferhaltend ist, oder sogar zur Aufkohlung führen kann.

Wenn einer das haarklein nachlesen will, bei Verhoeven und Rapatz wird er fündig, dort ist alles bestens erklärt, wobei ich die Ausführungen von Herrn Verhoeven ein wenig praxisorientierter finde, aber das ist subjektiv.



Wenn wir jetzt einmal die Theorie verlassen und uns einen japanischen Schwertschmied bei der Arbeit ansehen (bei yt gibts ja genug Filmchen dazu). Diese benutzen ein Holzkohlenfeuer, die Holzkohlen sind ziemlich klein, das Holzkohlenfeuer dagegen sehr groß. Man hat also ein sehr großes Glutbett aus dicht an dicht liegenden kleinen Kohlenstücken, was eine gehörige Menge an Temperatur hat. Dadurch, dass Holzkohle leichter und länger brennt als Steinkohle und dicht an dicht liegt, benötige ich logischerweise nicht soviel Gebläseluft wie ein Steinkohlenfeuer, und auch die Verweildauer im großen Feuer ist kürzer als in einem kleinen Feuer. Also arbeitet der Herr japanische Schmied unter optimalen Bedingungen um den Stahl schonend zu bearbeiten und Entkohlung zu vermeiden. Ein Vorteil, der gerade bei langen Klingen, die oftmals erwärmt werden müssen von tragender Bedeutung ist.



Jetzt versteht sich auch, warum die Lehrbuben bei den japanischen Meistern so oft die groben Holzkohlestücke zerkleinern müssen.



Den Exkurs bitte ich zu entschuldigen, ist er doch ein wenig am Kernthema vorbei geglitten. Aber, wenn man als Schmied in frühen Zeiten allen alles so einfach erlärt hätte, dann hätte es ja jeder machen können und beim Herrn Schmied wäre öfter Brotsuppe auf den Tisch gekommen als Schinken. Da tut es schon gut, wenn man ein paar Märchen erzählt, und sich insgeheim ins Fäustchen lacht.



Viele Grüße

Roman

ps: tut mir leid, Eure Beitrage kamen in der Zeit, in der ich am schreiben war.
Kuhhorn, das ist der Aufhänger. Aufkohlung ist ja früher schon mit Hornspänen gemacht worden, falls ich da etwas falsch in Erinnerung habe, bitte berichtigen.
Also, was die Schnelligkeit von Kohlenstoffatomen betrifft, auch bei Verhoeven niedergeschrieben. Bei Raumtemperatur braucht ein Kohlenstoff im Austenit Jahre um seinen Platz zu wechseln, allerdings ändert sich das enorm bei 925 Grad Celsius, bei dieser Temperatur kann ein Kohlenstoffatom so schnell seinen Platz wechseln, dass es unvorstellbar ist, in einem Austenitkorn kann es zwischen zwei benachbarten Lücken in einer Sekunde cirka 1,8 Milliarden mal seinen Platz wechseln. Herr Verhoeven spricht von der Kohlenstoffdiffusion an der Trennstelle zwischen Holzkohle und Stahl, wobei man das ja auch auf das Horn übertragen kann. Um ihn zu zitieren, "Bei 925 Grad Celsius ist es möglich, Kohlenstoffatome schnell in das reine Eisen diffundieren zu lassen. Der Kohlenstoffgehalt steigt an der Trennfläche zur Holzkohle auf den maximal möglichen Gehalt in Austenit an, nämlich 1,3 %"
Belegen kann ich das mit dem Kuhhorn jetzt nicht, aber denkbar ist es.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 16.06.2017 10:04.

roman

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Re: Alte Härtemittel

von roman am 15.06.2017 08:18

Guten Tag,
bevor wir jetzt, natürlich gut gepanzert und mit stählerner Entschlossenheit, dem nächsten Drachen auf seinem Morgenspaziergang auflauern und ihm versuchen 20 Liter Blut abzuzapfen, sollten wir mal versuchen das Ganze ein wenig kritischer zu sehen. Davon ab, nach so einem Flammenschlag aus einem Drachenschlund, fällt einem auch wieder der Begriff "Arme Ritter" ein. Da kann man ja zum frühmorgendlichen Poet werden,

"Was lieget dort,
rot schwarz am Berg
vorm Drachenloch,
siehet, ein Ritter, in rotglühendes Blech gewandet und gebrannt
er dampfet noch,
dabei wars nur ein Schnäuzer aus des Drachen Nasenloch"

Das waren Zeiten, bis Ausgang des 19. Jahrhunderts waren in den Beschreibungen über Handwerkskünste ja noch die letzten Grüße aus der Alchimistenzeit zu finden.
Ja, mit viel Wohlwollen, Wissen um Atome und deren Reaktionen und einem guten Labor, kann man versuchen das Eine oder Andere zu erklären. So ist überliefertes Wissen erhalten geblieben, aber vieles davon ist, doch mal sachlich betrachtet, bestenfalls als kurios anzusehen.

Das muss man auch nicht lange erklären, an den alten Büchern über Metallurgie ist der Wissensstand der Wissenschaft ja ohne Probleme nachzulesen, auch wenn man kein Metallurg ist.

Herr Gerfin pflegt zu schreiben, "Stahl ist Stahl und verhält sich wie Stahl", das ist für mich eine Kernaussage. Die ganzen Geschichten über Diffundierungen von Kohlenstoff in Stahl kann man auch bei Verhoeven nachlesen, dort ist das alles sehr sachlich beschrieben.
Was wir zum Teil betreiben, härten in offenem Feuer, das wurde schon vor fast hundert Jahren als altertümlich angesehen. Ich habe gerade mal nachgesehen, bevor ich anfange zur raten, in dem Buch "Die Werkzeugstähle und ihre Wärmebehandlung", Verlag Springer Berlin 1922, deutsche Ausgabe, Dr. Ing. Rudolf Schäfer....usw., da ist man schon lustig mit elektrisch betriebenen Salzbadöfen, Muffelöfen und dergleichen am Arbeiten und betrachtet das härten im offenen Feuer eher mitleidig.

Das bedeutet nicht, dass man aus altem Wissen nicht lernen kann, aber wenn man sich manche "Rezeptzusammensetzungen" ansieht, dann kann man sich nur noch wundern, dass der Verfasser überhaupt noch etwas schreiben konnte, normal müsste er bei den Dämpfen, die beim Mischen der Mixturen entstanden sind entweder mit verschrumpeltem Atemwegsapparat unter dem Werkstatttisch liegen oder blind und irre kichernd durch die Wälder humpeln.

Persönlich muss da jeder sein eigenes -credo- finden. Ich denke, wenn wir bei vorsichtigem Erwärmen auf Härtetemperatur, Wasser und Öl, bleiben, dann kann man schon nicht mehr soviel falsch machen. Der Rest ist dann Erfahrung.

Was bleibt am Ende immer, die Hoffnung. Ich muss zugeben, eine Klinge in einen Bottich Drachenblut tauchen hat was. Es hat vor allem den Vorteil, sich nicht durch 1000 Seiten Feststoffphysik beißen zu müssen, obgleich, vielleicht ist doch gesünder im Garten zu sitzen, bei einer gemütlich qualmenden Pfeife ein schlaues Buch zu lesen, als im dunklen Tann zu einem Haufen Schlacke gemacht zu werden.

Viele Grüße
Roman

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roman

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Re: Wärmebehandlungs Techniken und Erfahrungen

von roman am 12.06.2017 09:49

Guten Tag,

wenn der Stahl es zulässt, Wasser (abgestandenes Regenwasser, keine Blasenbildung im Gegensatz zu Leitungswasser, wenn Leitungswasser, dann mindestens ein paar Tage abgestanden).
Die anderen Stähle in Pflanzenöl, meist Rapsöl, 20 Grad reichen mir immer aus, Motoröl benutze ich keins, stinkt mir zuviel.
Extrem empfindliche Sachen oder kleine Klingen aus hochkohlenstoffhaltigen Stahl in Unschlitt. Unschlitt ist einfach gesagt Rindertalg, man kann ihn beim Metzger kaufen, auslassen in einer Pfanne, den flüssigen Talg in ein passendes Gefäß gegen (bei mir ein atter Fischbräter mit Deckel), die festen Bestandteile wegschmeißen (oder an die Hühner verfüttern). Sobald man härten will, das Gefäss erwärmen, der Talg wird dann wieder flüssig, ansonst ist er so fest wie ein Stein.

Aufwärmen in Holzkohlefeuer, Holzkohle vorher zerkleinern, so umschließt die Kohle besser das Härtegut und bei Holzkohle braucht man kaum Gebläseluft (bei ausreichend großem Feuer), bei Messern mit dem Rücken nach unten ins Feuer einhalten, ist die Klinge rotglühend mit der Schneide nach unten auf Härtetemperatur bringen. Bei Klingen halte ich keine Haltezeit ein, sobald sie auf Härtetemperatur sind wird abgeschreckt, zu lange Haltezeit auf Härtetemperatur setzt dem Stahl genauso zu wie zu hoch erwärmen.

Anlassen neben dem Feuer.

Gewöhnlich härte ich zweimal, wenn ich eine gehärtete Klinge wieder glühe sind eventuelle Spannungen gelöst.

Bei einer zu erzeugenden Härtelinie schrecke ich immer in Wasser ab, um eventuellen Bruch zu unterbinden ist das vorherige Härten und wieder ausglühen hilfreich, und cirka 0,5 mm Breite an der Schneide stehen lassen, zu dünn ausgeschliffen erzeugt oft Bruch oder Riss.

Viele Grüße
Roman

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roman

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Re: Anlassen

von roman am 12.06.2017 09:23

Guten Tag,
wenn ausschließlich eine Gasesse zur Verfügung steht könnte man sich dem Anlassen auch dahingehend nähern, dass man ein Stück Stahl mit entsprechender Masse auf Anlasstemperatur bringt und das Härtegut dann darauf ablegt. Bei Äxten und Beilen habe ich schon gesehen, dass ein rotglühender Dorn in das Auge gesteckt wurde und so die gewünschte Anlasstemperatur errreich wurde.

Viele Grüße
Roman

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roman

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Re: Frage zu einem Amboss

von roman am 12.06.2017 08:58

Guten Tag,

Du kannst aus deiner Ambosssuche einen "Selbstfindungstrip" machen und dabei vergleichbare Abenteuer erleben wie der alter Herr Odysseus, der einfach nur heimfahren wollte. Du darfst dabei nur nicht ausschließlich auf elektronisch/digitale Medien vertrauen, manchmal habe ich den Eindruck, dass gerade alte Werkzeuge persönlich gefunden werden wollen.



Es ist letztendlich die persönliche Suche die, gerade was das Aufspüren eines Ambosses betrifft, einen hoch zufrieden machen kann. Frag dich im wahrsten Sinne durch, Du wirst dabei viele neue Menschen kennenlernen, hoffen wir allerdings, dass sich dabei nicht zuviele Hexen oder gefrässige Riesen unter die neuen Leute mischen. Bei manchen wird man allerdings den Eindruck haben, verstockte Charaktere, die den Amboss des Onkels/Vaters usw. nicht für alles Geld hergeben wollen, weil ein inniger familiärer Bezug besteht, aber den Amboss dann, wenn der Enkel sich einmal daran stößt, ohne Wimpernzucken dem nächsten fahrenden Schrotthändler schenken.



Dann fallen mir diejenigen ein, die bereits das Alter erreicht haben, in dem sie kaum noch einen Hammer halten können, aber ihren alten Amboss um keinen Preis der Welt hergeben möchten, weil sie ab und zu immer noch damit arbeiten wollen. Und selbst der Hinweis darauf, dass die fast fingerbreite Staubschicht auf dem Amboss vom Gegenteil zeugt, lässt sie nicht erweichen.



Es wird "Beinahekäufe" geben, die einen zur Verzweiflung bringen können, es kann zu einer fruchtlosen Suche über einen Zeitraum kommen, in dem man alle Lust verliert.



Was das alles allerdings mit sich bringt, ist ein enormer Zeitverlust für dich selbst. Wenn Du schmieden willst, besorg Dir so schnell wie mögich einen Amboss, egal welchen, selbst ein Behelfsamboss ist besser als nicht schmieden. Zur Not, schau dich bei der nächsten Maschinenbaufirma um, dort findet man vielleicht einen Stahlklotz, mit dem man sich ein wenig behelfen kann. So bin ich zu einem Amboss in japanischer Form gekommen. Das Bestellen eines Originals in Japan kam nicht in Frage, das muss man ja nicht erläutern, aber so einen rechteckigen Stahlklotz, das muss doch zu machen sein. Bei einer Maschinenbaufirma wurde ich fündig, bei mehreren Abschnitten von Brammen aus C45, habe ich genau das Maß gefunden, das den Abmessungen der japanischen Ambosse entsprach. Kurzum, 100 Euro in die Kaffeekasse und ich war um einen Amboss in japanischer Form reicher.



Ich schreibe es nochmal, Du musst dich durchfragen, Österreich ist keine Diaspora was Ambosse betrifft. Auch in Österreich wurde früher viel mit Pferden gearbeitet, dort hat es auch ländliche Gegend genug und in fast jedem Dorf gab es einen Schmied. Und soviele Ambosse hat Böhler nicht eingeschmolzen, bei uns hier gibt es vier große Stahlwerke, und fast in jedem Dorf findet man noch welche.



Nicht Aufgeben ist die Devise, Findeglück ist nicht erzwingbar, aber man kann ihm auf die Sprünge helfen. Und sieh Dir den Amboss vor dem Kauf an, viel wichtiger als eine springende Kugellagerkugel ist der Klang. Nimm Dir einen Hammer von cirka einem Kilo mit, wenn man ihn locker auf die Bahn fallen lässt und er zurückspringt und dabei keine seltsamen Geräusche erzeugt, ist alles gut. Wenn der Amoss "klingelt" oder scheppert, dann hat er irgendwo einen Fehler, lass die Finger davon. Letzter Versuch, einen Magnet an die Seite des Ambosses hängen, klingt er dann annehmbar, von mir aus, hört er sich immer noch nicht gut an, Finger weg.



Also, bleib dran. Es ist wie beim Fischen, viele Fischer reisen an die entferntesten Gewässer und wollen dort die dicksten Fische fangen, wenn sie nur die Hälfte dieser Zeit ausgiebig an den nicht beachteten Gewässern vor der Haustür fischen würden, würden sie dort auch das finden, was sie sich sonstwo erhoffen.



Viele Grüße und viel Glück

Roman

ps: und, fast vergessen, was Dir auf deiner persönlichen mit hoher Wahrscheinlichkeit begegnet, sind Werkzeuge. Mag sein, dass in mancher alter Werkstatt der Amboss weg oder unbrauchbar ist, aber oft findet sich noch brauchbares Werkzeug, das man meist günstig erwerben kann

Antworten Zuletzt bearbeitet am 12.06.2017 09:05.

roman

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Guten Tag,

von roman am 22.02.2014 09:30

da mich zeitlich weder jetzt noch in Zukunft etwas einengt freue ich mich wieder hier zu sein.
Viele Grüße
Roman 

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