Ein Neuer mit Frage zu Amboss
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Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von Spyke am 01.08.2021 21:38Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von HACHIJURO am 02.08.2021 00:16Marc,
herzlich willkommen im Schmiedeforum!
Da hast Du einen interessanten Amboss aufgetan! Nach dem Zustand zu urteilen, ist es ein recht altes Gerät. Die Form allerdings muss nicht typisch sein, sondern könnte auch auf einen speziellen Einsatz hindeuten. Auch eine frühere Umarbeitung wäre möglich.
Dass ein Manipulationsloch längs durch den ganzen Fuß geht, ist ebenfalls ganz ungewöhnlich und könnte auf eine Umarbeitung zurückzuführen sein.
Die Angabe 122,2 bezieht sich vermutlich auf das Gewicht und meint dabei 'Pfund'.
Die Bahn ist ordentlich eingeschlagen; auch das kann ein Hinweis auf hohes Alter sein.
Viel Spaß damit!
Freundliche Grüße
Jean
Re: Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von Spyke am 02.08.2021 12:19Jean,
Danke für deine sehr hilfreiche Antwort, 122,2 macht Sinn, darauf bin ich nicht gekommen. Ist das als Hinweis für einen in England hergestellten Amboss zu deuten?
Das Manipulationsloch (wieder was gelernt) geht nicht kpl. durch, sondern nur von jeder Seite ein Stück, so geschätzt 20mm.
Die Bahn ist an einer Stelle recht ausgeschlagen, ich denke das nachzuarbeiten wäre sehr aufwändig.
Ich hatte auch die Vermutung, dass der nachträglich umgearbeitet wurde, ich konnte aber keinen Hinweis darauf finden, das sieht sehr homogen aus.
Wie alt würdest du den Amboss schätzen?
Viele Grüße
Marc
Re: Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von Holledauer am 02.08.2021 20:39Servus beinander,
diese Form hab ich noch nie gesehen...irgendwie erinnert die mich an Ameisenbären und das macht ihn absolut einzigartig!!!
An so einem Unikat würd ich niemals dran "rumpfuschen", für mich wäre das Stilbruch obersten Ranges!
Der hat so manches über sich ergehen lassen und sicher gute Dienste geleistet - also dringend lassen wie er ist. Alles andere wäre Frevel.
Meine Schätzung, falls es niemand besser weiß, wäre die vorletzte Jahrhundertwende.
Grüße aus der Holledau
Fred
Unikate müssen nicht zwingend schön sein, nur einzigartig.
Re: Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von enter_your_name am 03.08.2021 08:21Viele Grüße!
Re: Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von DerSchlosser am 03.08.2021 11:34
dem schließe ich mich an!
Ein schönes und sehr seltenes Stück! Vom Alter her würde ich auf Mitte 19. Jhdt. tippen.
Gruß DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Re: Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von Spyke am 03.08.2021 13:52Vielen Dank für die vielen hilfreichen Antworten.
Ich werde gerne noch mehr Detailfotos machen und einstellen.
Ich werde den so lassen wie er ist, daher hab ich bisher auch nur den gröbsten Rost entfernt und das Horn und die Bahn abgezogen.
Hab gestern mal erste Schmiedeversuche unternommen, geht trotz der Delle gut.
Das mit dem Ameisenbär ist gut, jetzt muss ich aber immer an die blaue Elise denken wenn ich an den Amboss laufe
Wenn noch jemand was hat nur raus damit!
Gruß Marc
Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von HACHIJURO am 04.08.2021 15:23Marc,
die Gewichtsangabe in Pfund ist im Festland-Europa nicht ungewöhnlich bei älteren Ambossen. Dabei geht es um das Pfund mit 500 g, nicht um das englische mit 454 g. Meine Schätzung des Alters: vor 1850.
In meinen Augen hat eine Reparatur eines alten Ambosses nichts Verwerfliches an sich, wenn der Amboss in seiner Form unverändert bleibt. Es geht doch lediglich darum, die Funktion wieder vollständig herzustellen.
Wenn das Gerät allerdings nicht mehr benutzt würde und in ein Museum käme, wäre das etwas anderes.
In diesem konkreten Fall würde bei einer Reparatur die Ambossbahn lediglich 'aufgenagelt'. Dazu wird der Amboss erwärmt, und unter der Delle werden so viele (kalte) Eisennägel seitlich in den Rumpf eingeschlagen, bis sich die Bahn wieder auf ein akzeptables Maß anhebt. Dann kann man nacharbeiten und zum Schluss wieder härten.
Natürlich muss man genau schauen, ob das alles nötig und machbar ist. Auch die Kosten wären zu beachten. Und schließlich muss man als Erstes schauen, wodurch der Defekt ausgelöst wurde (vor der Therapie kommt immer die Diagnose!). Es ist nicht nur der Gebrauch - sicher hat der Schmied immer nur an derselben Stelle angelegt und gekloppt. Das ist nicht schlau, aber manche machen das so und nennen es 'Gewohnheit'.
In diesem Fall (und ähnlichen) steht aber auch zu vermuten, dass die Stahlplatte der Bahn hier besonders dünn ist - bei handgemachten Ambossen ist das nicht ungewöhnlich, kommt aber eher am Rundhorn vor. Eine Reparatur wie die oben beschriebene verbessert den Amboss dann nicht, sondern lässt ihn nur besser aussehen. Und schon in 250 Jahren sieht er wieder genauso aus wie jetzt, und dann ärgerst Du Dich!
Freundliche Grüße
Jean
Re: Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von enter_your_name am 04.08.2021 16:41Re: Ein Neuer mit Frage zu Amboss
von Spyke am 04.08.2021 18:49Hab nochmal gewogen, der Amboss wiegt exakt 58,6 kg, mit der Angabe 122,2 würde also für ein Pfund = 470 g ergeben.
Nachfolgend ein Auszug aus Wikipedia
Handelsgewicht
Im Mittelalter und der Frühen Neuzeit war das Pfund als Gewichtsmaß in ganz Europa verbreitet, sein Gewicht wich jedoch oft von Stadt zu Stadt ab. Hatte das Pfund in Nürnberg gut 510 Gramm, so waren es in Würzburg 480 Gramm[4] und in Berlin nur etwa 467 Gramm.
Könnte das evtl. auf vor 1850 hinweisen?
Gruß
Marc